Mitarbeitergespräch wird von vielen Menschen mit Stress und Frust gleichgesetzt. Obwohl das Gespräch in der Regel der beruflichen Weiterentwicklung des Mitarbeiters und dem gegenseitigen Austausch von Feedback und Erwartungshaltung zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter dient, wird es oft nur als lästige Pflicht wahrgenommen. Das ist schade, denn mit der richtigen Vorbereitung profitieren beide Seiten und das Mitarbeitergespräch wird zu einer echten Chance.
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Damit der Termin für beide Seiten zu einem positiven Erlebnis wird und auch der Umgang mit sensiblen Themen wie Gehalt und Weiterbildung keine Probleme bereitet, habe ich mit diesem Artikel einen Leitfaden für ein erfolgreiches Mitarbeitergespräch erstellt.
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Üblicherweise findet das Feedbackgespräch im jährlichen Rhythmus statt. Darüber hinaus gibt es weitere Anlässe für ein Mitarbeitergespräch. Gelegentlich sind auch arbeitsrechtliche Themen oder organisatorische Veränderungen Gründe für die Einladung. In diesem Fall sollte die Arbeiterkammer zu Rate gezogen werden, in manchen Fällen sogar ein Anwalt. Hier erfährt man auch, in welchen Fällen die Einladung zu einem Mitarbeitergespräch abgelehnt werden darf.
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Mitarbeitergespräch Fragen
Die typischen Fragen im Mitarbeitergespräch betreffen Feedback, Zielvereinbarungen, notwendige oder gewünschte Weiterbildungen, berufliche Perspektiven und natürlich das Thema Gehalt. Dementsprechend kann der ungefähre Ablauf des Gesprächs gut abgeleitet und vorbereitet werden.
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Ziel des Mitarbeitergesprächs aus Sicht des Arbeitgebers ist unter anderem die Einschätzung der Qualifikation des Mitarbeiters. Vereinfacht kann diese als Funktion aus Verhalten und Kompetenz gebildet werden. Die Darstellung hilft bei der Selbsteinschätzung und bei der Bewertung als Vorgesetzter.
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Typische Fragen im Mitarbeitergespräch können sein:
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- Wie wurden Aufgaben und Projekte bewältigt?
- Welche Methoden werden gut oder weniger gut angewendet?
- Wurde konsequent an zugesagten Aufgaben gearbeitet?
- Wurden zugesagte Zieltermine eingehalten?
- Wenn nicht, was waren Gründe für Verzögerungen?
- Was sind Stärken und Schwächen (Kompetenz und Verhalten)?
- Welchen Kenntnisse und Verhaltensweisen sollten in Zukunft verbessert werden und warum?
- Werden die Spielregeln der Abteilung bzw. des Unternehmens eingehalten?
- Wie war der Umgang mit Konflikten?
- Wie ist die Selbstwahrnehmung und wie ist die Wahrnehmung durch das Team?
- Was sind die kurzfristigen (innerhalb eines Jahres) und langfristigen (innerhalb der kommenden 3-5 Jahre) persönlichen und beruflichen Ziele?
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Mitarbeitergespräche führen und Feedback geben
Ein wesentlicher Bestandteil des Gesprächs ist das gegenseitige Feedback. Egal ob Feedback seitens Vorgesetztem oder Mitarbeiter geäussert wird, einige Regeln haben sich dabei bewährt:
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- Das Feedback sollte beschreibend und nicht bewertend ausfallen.
- Es sollte sich auf konkrete Beobachtungen beziehen und keine Vermutungen oder Interpretationen beinhalten.
- Das Feedback sollte nachvollziehbar sein. Wenn ich etwas nicht so formulieren kann, dass es mein Gegenüber versteht, sollte ich lieber davon absehen. Ansonsten gibt es zu viel Spielraum für Interpretationen.
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Mit der Einhaltung dieser Grundregeln lassen sich Missverständnisse vermeiden bzw. offenlegen. Auch die Wortwahl ist entscheidend für den Erfolg des Feedbackgesprächs. Keinesfalls sollten Anschuldigungen oder versteckte Zurechtweisungen geäussert werden.
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Sinnvoll ist folgendes Feedback-Schema:
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- Ich habe beobachtet/ Mir ist aufgefallen….
- Das hatte folgende Wirkung….
- Zukünftig würde ich vorschlagen, dass….
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Viele Menschen wechseln bei negativem Feedback sofort in den Verteidigungsmodus bzw. gehen in eine Rechtfertigungshaltung über. Dabei ist besonders im Mitarbeitergespräch ruhiges argumentieren und gutes Zuhören relevant. Wenn Unklarheiten bestehen, sollte nachgefragt werden. Und falls man dennoch anderer Meinung ist, empfiehlt sich die Gegenargumentation ebenfalls unter Anwendung des obigen Feedback-Schemas.
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Mitarbeitergespräch Vorbereitung als Vorgesetzter
Umfragen der vergangenen Jahre zeigen, dass Mitarbeitergespräche oft als frustrierend empfunden werden. In einer 2005 durchgeführten Umfrage des Sterns bezeichneten 72 Prozent der Befragten diesen jährlichen Regeltermin als unproduktiv. Dabei wurde vermehrt die schlechte Vorbereitung des Vorgesetzten als Grund genannt.1
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Eine in 2011 durchgeführte Umfrage des österreichischen Jobportals Karriere offenbarte ähnliche Ergebnisse. Dort standen dem Gespräch zwar weniger Befragte klar ablehnend gegenüber, von mehr als 60 Prozent wurde aber auch auf die notwendige und oft fehlende Vorbereitung des Vorgesetzten hingewiesen. Fast 30 Prozent der befragten Arbeitnehmer sahen im Mitarbeitergespräch keinen Sinn und lehnten es ab.2
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Ein ähnliches Bild zeigte auch eine durch die Frankfurter Rundschau im Jahre 2012 durchgeführte Umfrage. Obwohl etwas mehr als die Hälfte der Befragten angaben, das Mitarbeitergespräch führe zu nichts, plädierten viele trotzdem für die Beibehaltung dieses Termins, da sich zumindest die Gelegenheit zum Abgleich mit dem Vorgesetzten bietet. Auch hier wurde die oft willkürliche Bewertung des Vorgesetzten als Hauptkritikpunkt genannt.3
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Als Vorbereitung für das Mitarbeitergespräch ist die Auflistung und Leistungsbeurteilung von Tätigkeiten bzw. Projekten, die im Verantwortungsbereich des Mitarbeiters liegen bzw. gelegen haben, obligatorisch. Improvisation frustriert Mitarbeiter. Themen, die das Verhalten betreffen, bedürfen einer ebenso gründlichen Vorbereitung. Eventuell ist diesbezüglich auch externe Hilfe notwendig, z.B. seitens Personalabteilung, externer Berater oder vom eigenen Vorgesetzten. Das gilt vor allem, wenn grundlegende Verhaltensmuster zur Diskussion stehen. Eine grobe Agenda für das Gespräch wäre z.B. folgende:
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- Zielvereinbarungen des vergangenen Jahres,
- Kompetenzmatrix,
- Verhalten und Motivation,
- Massnahmen für den Wissens- und Kompetenzaufbau,
- Jahresziele des kommenden Jahres.
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Vorlagen und Formulare für Mitarbeitergespräche gibt es viele. Ein einfaches aber zweckmäßiges Beispiel für ein Formular steht hier zum Download bereit:
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Die Vorlage eignet sich eher für Feedbackgespräche mit Zielvereinbarung und Definition von Weiterbildungsmassnahmen. Für detaillierte Bewertungen mit Qualifizierungsmatrix finden sich bei entsprechender Suche im Internet weitere Beispiele.
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Mitarbeitergespräch Gehalt und Weiterbildung
Besonders das Thema Gehalt macht im Mitarbeitergespräch sowohl Mitarbeitern als auch Vorgesetzten Kopfzerbrechen. Als Vorgesetzter ist der Umgang mit Gehaltswünschen oft unangenehm, da diesbezüglich selten Konsens besteht und Budgetfestlegungen manchmal keinen Spielraum für Gehaltssprünge zulassen. Für den Mitarbeiter ist das Thema gleich in mehrfacher Hinsicht anstrengend. Einerseits bedarf es Mut, einen Gehaltswunsch überhaupt zu äussern und das Thema wird aus nachvollziehbaren Gründen selten vom Vorgesetzten angesprochen. Andererseits können Abweichungen zum Gehaltslevel von Kollegen schlecht nachgewiesen und damit nur als diffuse Unzufriedenheit geäussert werden. Ausserdem senken langjährige Firmenzugehörigkeit und familiäre Verpflichtungen die Bereitschaft zum Jobwechsel auf Arbeitnehmerseite. Das weiss auch der Arbeitgeber bzw. Vorgesetzte. Wie also baue ich als Mitarbeiter eine geschickte Argumentation für mehr Gehalt auf und wie ist die optimale Reaktion als Vorgesetzter?
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Argumentation für mehr Gehalt im Mitarbeitergespräch
Wer als Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung haben möchte, muss sich gut vorbereiten. Im Idealfall listet man die Erfolge des vergangenen Jahres sorgfältig auf und macht überdurchschnittliche Leistungen transparent. Es ist zudem sinnvoll, bereits einen Plan für die Gehaltssteigerung ausgearbeitet zu haben. Hieraus sollte hervorgehen, ob es sich um eine Steigerung der Prämie oder des Grundgehaltes handelt und ob diese mit Zielen verknüpft ist. Während im Produktmanagement oft mit objektiven Zielen gearbeitet wird, können im Vertrieb Umsatz, Deckungsbeitrag oder Auftragseingang als Kenngrößen dienen. In vielen Fällen wird der Vorgesetzte mit dem Durchschnittsniveau der Abteilung argumentieren und an die Fairness des Mitarbeiters appellieren. Hier empfiehlt es sich vorab einen Gehaltsvergleich z.B. bei glassdoor.com durchzuführen und das allgemein höhere Niveau zu beleuchten. Wenn es zu der Frage kommt, wie viel bzw. wie hoch denn die Erhöhung ausfallen soll, gilt das allgemeine Verhandlungsprinzip: fordere mehr und lass dich auf eine zufriedenstellende Summe ein. Fällt der Vorschlag des Vorgesetzten zu klein aus, ist es eher besser auf einen separaten Termin zu drängen oder die für die gewünschte Erhöhung notwendige Arbeitsleistung zu erfragen.
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Keinesfalls sollte man mit Kündigung oder Arbeitsverweigerung drohen. Das ist nicht nur unprofessionell, sondern kann im schlimmsten Fall auch unerwünschte Gegenreaktionen auslösen. Geleistete Überstunden sind übrigens auch ein eher schwaches Argument, vor allem wenn ähnlich qualifizierte Kollegen das gleiche Arbeitspensum mit geringerem Zeitbedarf bewältigen. Ebenfalls ein aufwändigerer Anfahrtsweg oder persönliche Lebensumstände sind schlechte Begründungen.
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Umgang mit Gehaltsforderungen als Vorgesetzter
Die beste Gegenargumentation ist die Leistungsanalyse. Gibt es Beanstandungen an der Leistung des Mitarbeiters, erübrigen sich Forderungen nach mehr Gehalt meist von selbst. Eine gute Alternative zu Gehaltserhöhungen sind Weiterbildungsmassnahmen. Letztendlich geht es beim Thema Gehalt auch um Wertschätzung. Die Motivation des Mitarbeiters sollte weiterhin hoch bleiben und berechtigte Gehaltswünsche unterstützt werden. Motivation ist selten nur an das Gehalt gekoppelt und wenn doch, wäre das ebenfalls ein Problem. Viele Faktoren, wie Arbeitszeit und Eigenverantwortung spielen eine grosse Rolle. Zudem können latent unzufriedene Mitarbeiter auch nur kurzfristig mit einer Gehaltsspritze besänftigt werden.
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Mitarbeitergespräche mit internationalen Teams
4 Besonders interessant sind Mitarbeitergespräche, wenn das Team nicht nur aus Mitarbeitern des eigenen Kulturkreises besteht, sondern international aufgebaut ist. Ein Mitarbeitergespräch eventuell auf Englisch zu führen ist dabei die geringste Herausforderung. Vielmehr wird Feedback in vielen Ländern durchaus unterschiedlich geäußert und auch aufgefasst. Während in Deutschland oder den Niederlanden direktes Feedback durchaus üblich ist, geht man mit negativem Feedback in China oder in Indien eher vorsichtig um und äußert dieses hübsch verpackt bzw. eher indirekt. Extrembeispiel ist hier Japan, dort sollte ein Gesichtsverlust unbedingt vermieden werden.
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Mitarbeitergespräch Leitfaden und Fazit
Eine gute Vorbereitung ist für ein erfolgreiches Mitarbeitergespräch unerlässlich. Das gilt sowohl für Vorgesetzte als auch für Mitarbeiter. Kommt es zum Austausch gegenseitigen Feedbacks, ist es wichtig sachlich, wertfrei und beschreibend zu argumentiern. Häufige Themen sind Stärken und Schwächen, Zielerreichung und die Notwendigkeit von Weiterbildungen sowie Gehaltswünsche. Für Gehaltsverhandlungen und zur allgemeinen Vorbereitung auf den Termin, ist die Leistungsbilanz des betreffenden Zeitraums relevant. Neben der fachlichen Kompetenz ist auch das Verhalten von Mitarbeitern ein häufiger Bestandteil. Generell ist das Gespräch als Chance zu sehen, die zukünftige Zusammenarbeit zu stärken und die Weiterentwicklung, Karrierechancen sowie die gegenseitigen Erwartungen abzugleichen.
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- http://www.stern.de/wirtschaft/job/umfrage-mitarbeitergespraeche-sind-haeufig-unproduktiv-3545506.html
- https://www.personalpraxis24.de/aktuelles/?user_aktuelles_pi1%5Baid%5D=231076&cHash=2808fcd93b3b474ddbafd076645126ae
http://www.fr.de/leben/karriere/umfrage-sind-mitarbeitergespraeche-sinnlos-a-772356- Erin Meyer, The Culture Map
Gregor meint
Toller Artikel. Hat mir bei der Vorbereitung geholfen. Vielen Dank!!!
Christian Ziemann meint
Freut mich, dass dir der Artikel gefällt und dir bei der Vorbereitung geholfen hat 🙂